«Woher kommen wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir? Diese unergründliche Frage begegnet uns in allen Kulturen und Religionen. Und die Antwort lautet für alle gleich. Wir kennen sie nicht. Aber die Geschichte der eigenen Familie kennen zu wollen ist wahrscheinlich eine logische Konsequenz der eigenen Existenz und vielleicht auch derer, die noch kommen werden. Die Motivation liegt in der Suche nach der Identität und dem eigenen Standpunkt innerhalb der eigenen Familie und der Gesellschaft. Wir leben in einer Kultur, in der die Mehrheit der Personen keine Kenntnisse mehr über die Herkunft und Geschichte der eigenen Vorfahren hat. Daher ist die Ahnen- und Familienforschung (Genealogie) aus der Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Diente sie im Spätmittelalter vor allem dem Adel und der Aristokratie zum Nachweis der Abstammungsverhältnisse, wurde sie aufgrund der sich verändernden gesellschaftlichen Verhältnissen ab dem 16. Jahrhundert auch Sache der neuen städtischen und ländlichen Oberschichten. Zu diesen gehörten zunehmend auch Familien bürgerlicher, handwerklicher und bäuerlicher Herkunft. Ab dem 19 Jahrhundert wurde die Ahnen- und Familienforschung dann eine Hilfswissenschaft, die eng mit der Wappenkunde (Heraldik) verbunden war. In dieser Zeit entstanden auch die ersten Gesellschaften, welche genealogische Zielsetzungen verfolgten, und entsprechende Publikationsreihen editierten. Als Einstieg oder als Ergänzung zur klassischen Ahnen- und Familienforschung gilt seit 1999 die DNA-Genealogie. Sie nutzt DNA-Analysen des menschlichen Erbguts (Genoms), um den Grad der Verwandtschaft zwischen Personen oder deren Abstammung nachweisen oder zumindest einschätzen zu können.
Zur Motivation
Warum aber eine genealogische Studie über die Familie Lardori? Mit Eintritt in die schulische Sekundarstufe im Jahr 1989 entdeckte ich mein Interesse für das Schulfach Geschichte. Seither sind Biografien von bekannten Persönlichkeiten, der Werdegang von Völkern und Nationen und ihre kulturelle und religiöse Entwicklung meine Leidenschaft. Die Geschichte der eigenen Familie war damals für mich aber noch kein Thema. Das begann sich zu ändern, als ich am 22. Juli 2002 einen Brief bekam. Ich leistete damals Dienst in der Päpstlichen Schweizergarde (Guardia Svizzera Pontificia GSP) im Vatikan und der Absender (Dr. Filippo Orsini) war aufgrund dieses Umstandes im Internet auf meinen Namen gestossen. Er erfragte Informationen über die Herkunft meiner Familie und mögliche Verbindungen zur eigenen, da seine verstorbene Mutter ebenfalls eine «Lardori» war. Ich konnte ihm damals keine Informationen dazu geben, aber meine Neugier war geweckt.
Den Ausschlag aber, eine genealogische Recherche über die eigene Familie anzustossen. gab dann schlussendlich meine Grossmutter väterlicherseits, Ilva Lardori, geb. Barghini (1921 - 2013). In einem Gespräch erzählte sie von meinem Urgrossvater väterlicherseits, Rinaldo Pietro Ottavio Lardori (1896 - 1957).
Da wurde mir das erste Mal richtig bewusst, wie wenig ich über meine Vorfahren und die Herkunft meiner eigenen Familie weiss, die ihre Ursprünge im Chianti-Gebiet der Toskana in Italien hat. Und warum sich nicht auch mal mit der Geschichte der eigenen Familie auseinandersetzen?
Am 26. Juli 2019 ist in der Regionalwochenzeitung «Chiantisette» (Netweek) unter dem Titel «Dalla Svizzera al Chianti per scoprire le sue origini» ein Beitrag über meinen Besuch in der toskantischen Gemeinde Castellina in Chianti publiziert worden.
Dieser Besuch war quasi der Höhepunkt und in gewisser Weise auch der Abschluss meiner genealogischen Recherche über meine Familie, die im 2009 ihren Anfang genommen hatte und mich 10 Jahre später schlussendlich zum geografischen Ausgangspunkt meiner Familie väterlicherseits bringen sollte. Einer Familie, deren Ursprünge sich bis ins Jahr 1300 zurückverfolgen lassen und deren Mitglieder auch auf lokaler Ebene bis heute ihre Spuren hinterlassen haben. Die Geschichte der «Familie Lardori» ist zwar nicht ganz so spektakulär, aber spannend ist sie allemal und vor allem sind alle Mitglieder der Familie ein Teil davon. Ihnen allen ist diese Familiengeschichte gewidmet.
Zur Recherche
Die Rekonstruktion der Genealogie der Familie Lardori basiert auf zwei umfangreichen Recherchen. Diese wurden durch die «Biblioteca Storico Araldica Genealogica Guelfi Camaiani» in Florenz (Italien) und durch den Historiker und Journalisten Dr. Vito de Meo aus Castellina in Chianti (Italien) durchgeführt. Auftraggeber dieser genealogischen Recherchen war Attila Lardori aus Winterthur (Schweiz). Die erste Recherche durch die «Biblioteca Storico Araldica Genealogica Guelfi Camaiani» dauerte von 2004 bis 2009. Die Ergebnisse wurden in einem Volumen mit dem Titel «Famiglia Lardori» zusammengefasst. Die zweite Recherche durch Dr. Vito de Meo dauerte von 2019 bis 2020. Die Ergebnisse wurde in der Dokumentation «I Lardori di Malafrasca - Un'antica famiglia chiantigiana» zusammengefasst. Die Genealogie der Familie Lardori konnte aus unterschiedlichen Quellen rekonstruiert werden. Die Daten stammen vor allem aus staatlichen und kirchlichen Archiven mit ihren Fonds und Registern und aus Personenstandsregistern von Gemeinden. Ergänzt wurden die Quellen durch Fachliteratur mit Aspekten der lokalen Geschichte der Toskana. Ebenfalls durch Werke zur Heraldik sowie durch Fachinformationen der Schweizerischen Heraldischen Gesellschaft (SHG) und dem Atelier für Heraldik Schweiz. Ergänzt wurde die Recherche mit einer DNA-Herkunftsanalyse, die am 29. August 2018, durch den Auftraggeber beim Biotechnologieunternehmen iGenea AG in Auftrag gegeben wurde. Die Analysen wurden am 13. Dezember 2018 abgeschlossen. Die genealogischen Informationen zur Familie Lardori basieren somit einerseits auf den Ergebnissen der beiden genealogischen Recherchen sowie der DNA-Herkunftsanalyse. Andererseits aber auch auf persönlichen Nachforschungen durch den Auftraggeber selbst. Der Schwerpunkt genealogischen Recherche hat sich aufgrund der weiten Verzweigung der Familie Lardori schwergewichtig denn auch auf die Hauptlinie (direkte Stammlinie) des Auftraggebers fokussiert.
Die vorliegende Dokumentation in deutscher Sprache wurde durch Attila Lardori erstellt. Die Übersetzung ins Italienische erfolgte durch Elda Pianezzi Pisanu aus Zürich (Schweiz), die als Autorin, Übersetzerin und Journalistin arbeitet.
Quellen
Konsultiert wurden für die genealogische Recherche das Archivio di Stato di Firenze (Staatsarchiv von Florenz), insbesondere die Decima Granducale (Grundbesitz- und Steuerverzeichnis), der Fondo Notarile Moderno (Notariatsfonds), der Fondo Cause Civili (Fonds für Zivilangelegenheiten), der Fondo Capitoli Compagnie Religiose soppresse da Pietro Leopoldo (Fonds der Kapitel der von Peter Leopold aufgelöste religiöse Gemeinschaften) sowie die Registri dello Stato Civile di Toscana (Personenstandsregister der Toskana), insbesondere der Gemeinden von Castellina in Chianti und Monteriggioni. Im Archivio di Stato di Siena (Staatsarchiv von Siena) der Fondo Manoscritti (Fonds für Manuskripte), insbesondere die darin enthaltene Raccolta frammentaria di Stemmi (Fragmentarische Wappensammlung) und die Publikation «Armi delle famiglie nobili di Siena» (Wappen der adligen Familien von Siena) von Antonio Aurieri. In den kirchlichen Archiven das Archivio Arcivescovile di Siena (Erzbischöfliches Archiv von Siena), insbesondere das darin enthaltenen Register der Pfarrei SS. Jacopo e Niccolò di Quercegrossa di Castelnuovo Berardenga und Sant’Andrea Apostolo. Ebenfalls das Archivio Vescovile di Fiesole (Bischöfliche Archiv von Fiesole), mit dem darin enthaltenen Register der Pfarrei der Kirche von Santa Maria a Spaltenna di Gaiole in Chianti. Im Archivio Vescovile di Colle di Val d’Elsa (Bischöfliches Archiv von Colle di Val d’Elsa), die Register der Pfarrei von San Miniato a Fonterutoli di Castellina in Chianti, der Pfarrei von San Leonino in Conio di Castellina in Chianti sowie der Pfarrei SS. Salvatore alla Castellina in Castellina in Chianti. Bei den kirchlichen Registern handelt es sich insbesondere um die Registri dei Battesimi (Taufregister), Registri die Cresimati (Firmregister), Registri di Morti (Totenregister) sowie die Register der Stati delle Anime (Personenstandsregister). Ebenfalls konsultiert wurden die Registri dello Stato Civile (Familienstandsregister) der italienischen Gemeinden von Castellina in Chianti, Volterra, Cogoleto, Varazze, Cisano sul Neva und die Daten der Einwohnerkontrolle der Schweizer Stadt Winterthur. Bei der Fachliteratur sind vor allem folgende Publikationen mit Aspekten der lokalen Geschichte der Toskana zu nennen: «Asciano - Museo Cassioli, Pittura senese dell’Ottocento» von Francesca Petrucci, «Famiglie, Località, Istituzioni di Siena e del suo Territorio» von Maria Ilari, «Giornale Sanese (1715-1794)» von Giovanni Antonio e Pietro Pecci, «Il Valdarno Fiorentino e la Valle del Bisenzio» von Gapero Righini, sowie «Tavole cronologiche di tutti i rettori antichi e moderni delle parrocchie della diocesi di Siena sino all’anno 1872» von Giuseppe Merlotti. Auszüge aus verschiedenen Jahrbüchern, insbesondere aus dem unternehmerischen, akademischen, medizinischen oder dem Armeebereich ermöglichten es, einzelne Berufs- und/oder Personenangaben zu ergänzen. Für das Verständnis der Heraldik waren die Publikationen «Die Haus- und Hofmarken» von Carl Gustav Homeyer, dass «Lexikon der Heraldik» von Gert Oswald sowie «Wappen: Handbuch der Heraldik» von Ludwig Biewer hilfreich. Was die Beschreibung (Blasonierung) und Reinzeichnung der eigenen Familienwappen der Familie Lardori betraf, so konnte auf das Fachwissen- und Können der Schweizerischen Heraldischen Gesellschaft» (SHG) bzw. des Ateliers für Heraldik Schweiz zurückgegriffen werden.
Der Familienname «Lardori» ist vorausichtlich aus dem italienischen Begriff «Ardore» (Glut, Wärme, Hitze, Feuer) abgeleitet.
Die Familie Lardori verfügt nachweislich über drei Familiewappen, mit zwei Tendenzen in der Wappenführung.
Der genetische Ursprung der männlichen Linie der Famile Lardori reicht rund 40'000 Jahre zurück und liegt auf der arabischen Halbinsel.
Die ersten schriftlichen Nachweise reichen bis ins Jahr 1300 zurück und betreffen zwei Familienhaushalte (Sippen).
Die Familie Lardori war weit verzweigt, verfügte über Landbesitz und Immobilien und war sozial verankert.
Die meisten Familienmitglieder waren im handwerklichen, unternemerischen, akademischen oder kirchlichen Bereich tätig.