Sozialer Status

Die Familie Lardori war weit verzweigt und verfügte, vor allem in den Ortschaften des Chianti-Gebietes, über umfangreichen Landbesitz und Immobilien. Einige ihrer Mitglieder führten bis ins 17. Jahrhundert den Titel «Mastro» (Meister, Vorsteher) oder «Donna», (Frau, Dame, Herrin) was auf eine höhere gesellschaftliche Stellung schliessen lässt. Oder sie gehörten dem Klerus der römisch-katholischen Kirche an oder waren als Laien ehrenamtlich in religiösen Gemeinschaften (compagnie religiose) tätig als Mitglieder (membri), Gründer (soci fondatori), Buchhalter (ragionieri), Kämerer (camerlengi) oder Gouverneure (governatori). Die meisten Mitglieder der Familie Lardori waren aber vor allem in handwerklichen, landwirtschaftlichen oder unternehmerischen Bereichen tätig. Im handwerklichen Bereich insbesondere als Schmiede (fabbri), aber auch als Maurer (muratori), Müller (farinaii) oder als Konstrukteure. Im landwirtschaftlichen Bereich insbesondere als Winzer (vinaii) oder Landwirte (contadini), im unternehmerischen Bereich vor allem als Kurzwarenhändler (merciaii), Kaffeehändler (caffettieri), Bauunternehmer (appaltatori) oder im Bereich des Seehandels. Einige führten auch akademische Berufe aus, z. B. als Chirurgen (medici chirughi) oder Tierärzte (veterinari). Auch in der Politik waren sie tätig, insbesondere auf kommunaler Ebene. Die Mitglieder der Familie Lardori in Castellina in Chianti waren seit dem 17. Jahrhundert jedoch praktisch ununterbrochen als Eisenhandwerker oder Schmiede tätig, deren Wertarbeit von vielen Adelsfamilien und religiösen Gemeinschaften geschätzt wurde. Auch heute noch steht im Ortsteil Malafrasca von Castellina in Chianti ein grosses Anwesen (Via IV Novembre 32 - 54, Castellina in Chianti), welches um das Jahr 1693 von den Brüdern Mastro Cosimo Lardori (1637 - 1705) und Mastro Domenico Lardori (1642 - 1708) erbaut worden war und die Bezeichnung «La Casa del Fabbro» (Haus des Schmieds) trug.

Lokale Bedeutung

In Zusammenhang mit der lokalen Bedeutung der Familie Lardori bzw. von einzelnen Mitgliedern, können folgende sechs Aspekte besonders erwähnt werden, die Eingang u. a. in die lokale Fachliteratur der Toskana gefunden haben.

La Torre dei Lardori

Die «Torre dei Lardori» (Turm der Lardoris) stand in der heutigen Gemeinde Impruneta (Firenze), gegenüber der Kirche San Lorenzo alle Rose. Dieser mittelalterliche Turm gehörte zu einem Verteidigungssystem von befestigten Weilern, dass entlang der Via di Quintole, einem Abschnitt der antiken Via Cassia, gelegen war. Im 15. Jahrhundert ging der Turm er in den Besitz der damals mächtigen florentinischen Familie der Rossi d’Oltrarno über. Diese bauten den Weiler in eine herrschaftliche Landvilla um, die noch heute unter dem Namen «La Torre», bzw. «Le Rose» existiert (Via Quintole per Le Rose 135 / Vicolo delle Rose, Impruneta) und in älteren Dokumenten auch als «Villa Grifoni» bezeichnet wird. Die herrschaftlichen Räume sind um einen gesäulten Innenhof angeordnet, mit Arkaden aus der Zeit der Renaissance. Die Säle im Erdgeschoss haben nach oben hin gewölbte Gebäudedecken aus hellem Stein und sind mit Malereien dekoriert. Im Obergeschoss finden sind an den Decken Fresken und an den Wänden pittoreske Dekorationen aus dem 18. Jahrhundert.  Zur Villa gehört auch ein geometrisch angelegter Garten (sog. Italienischer Garten). Das Gebäude befindet sich heute in Privatbesitz.

Mastro Domenico Lardori

Der im Jahr 1709 geborene Domenico Maria Lardori war ein Maurermeister (Mastro) aus Castellina in Chianti, der später jedoch in der Pfarrgemeinde Sant’Andrea Apostolo in Siena wohnte. Im Mai des Jahres 1766 führte er die Maurerarbeiten an der Fassade des «Palazzo Sergardi» in Siena aus. Dies auf der Grundlage von Entwürfen des Mailänder Künstlers Bernardino Cremoni. Das patrizische Stadtpalais Sergardi ist ein seltenes Zeugnis der architektonischen Kunst Sienas des 18. Jahrhunderts uns gehört zu den bekannteren Bauwerken Italiens. Es ist aus einem Kloster (Monastero delle Derelitte) hervorgegangen. Auftraggeber dieses Bauwerks war Fabio Sergardi, ein aus nobler Familie stammender Bürger von Siena. Die Entwürfe für das Gebäude stammen vom bekannten italienischen Architekten Paolo Posi (1708-1776). Das Palais verfügt über ein grosses Atrium und zwei grosszügige Innenhöfe. Das Gebäudeinnere ist mit Mosaikböden und mit neoklassizistischen Fresken ausgestattet. Diese stammen vom Künstler Luigi Ademollo (1764-1849). Der Palazzo Sergardi ist heute auch als Sitz des «Piccolo Teatro di Siena» bekannt. Dieses wurde 1949 von Baronin Margherita Sergardi (1920-2011) gegründet und beherbergt die Originalkostüme dieses Theaters. Mastro Domenico Lardori war aber auch als Gutachter tätig, unter anderem für die Familie der Sansedoni, einer der führenden aristokratischen Familien von Siena. So erstellte er am 23. Februar 1760, zusammen mit Pietro Torri und Angelo Piazza, ein Gutachten zur Instabilität des Turms des «Palazzo Sansedoni». Bei diesem Bauwerk handelt es sich um einen dreistöckigen Adelspalast aus rötlichem Ziegelwerk, mit dessen Bau im Jahre 1219 begonnen worden war. Der von Zinnen bekrönter und auffällig gestaltete Palazzo steht noch heute an der Piazza del Campo in Siena. Maestro Domenico Lardori stellte fest, dass die Ursache für die Instabilität des Turms in den Öffnungen in der Wand begründet lagen, die im Zuge der Restaurierungsarbeiten am angrenzenden «Palazzo Chigi Zondadari» entstanden waren. 

Chiara Lardori Cassioli

Chiarina (Chiara) Maria Giuseppa Lardori war das zweite Kind von Cesare Lardori (1845 - 1929). Sie wurde um das Jahr 1877 geboren. Sie starb um das Jahr 1959. Chiarina (Chiara) Maria Giuseppa Lardori war die Ehefrau des bekannten senesischen Malers, Bildhauers und Architekten Giuseppe Cassioli (1865 - 1942), der wiederum Sohn des berühmten Portrait- und Historienmalers Amos Cassioli (1832 - 1892) war. Sie wurde 1899/1935 von ihrem Ehemann Giuseppe Cassioli  portraitiert. Signiert und datiert ist das Bild in Öl auf Leinwand (198 x 100 cm) am unteren rechten Bildrand mit «G. Cassioli 1899 1918 1935». Die drei Daten weisen auf den interessanten Umstand hin, dass der Künstler über einen längeren Zeitraum an diesem Bild gearbeitet haben muss. Dieses Kunstwerk hängt heute im Museo Cassioli, dass 1991 gegründet wurde und als einzige museale Einrichtung der Provinz Siena vollständig der senesischen Malerei des 19. Jahrhunderts gewidmet ist.

Bar Pasticceria Lardori Ticci


An der Via Romana 45/47 in der Ortschaft Torrenieri von Montalcino steht die Bar Pasticceria Lardori Ticci. Diese wurde im Jahr 1908 von Anassimandro (Mandro) Lardori gegründet, damals noch unter dem Namen «Locanda Carolina», vom Namen seiner Frau, welche die Bar betrieb. Später stieg dann auch der Sohn, Attilio Lardori, in das elterliche Bargeschäft ein, der die Bar zu einem Kaffeehaus umwandelte. So führte er den Verkauf von selbstgemachtem Speiseeis ein, das weitherum bekannt und geschätzt wurde. Zu den Kunden des Kaffeehauses gehörten berühmte Verleger und Schriftsteller wie Curzio Malaparte (1898 - 1957), Pier Francesco Bargellini (1897 - 1980), Giovanni Papini (1881 - 1956), Ignazio Silone (1900 - 1978) und Aldo Palazzeschi (1885 - 1974). Im Jahr 1939 heiratete Attilo Lardori seine Verlobte Rea, mit der er zwei Kinder hatte, Tina und Torello (*1940). Während dem Zweiten Weltkrieg (1939 - 1945) führte Attilio Lardori sein Kaffeehaus unter schwierigen Bedingungen, auch Torrinieri war bombardiert worden, und da kam es zu einer interessanten Begegnung. Umgeben von seinen hohen Offizieren, kehrte der französische General und späterer Staatspräsident Charles De Gaulle (1890 - 1970) in das Kaffeehaus ein. Kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges erhielt Attilio Lardori dann aus dem Elysee-Palast, dem Amtssitz des französischen Präsidenten, eine Bestellung für die «torte toscane», die der General bei seinem Besuch im Kaffeehaus gegessen hatte. Dies führte dazu, dass Attilio Lardori seinem Kaffeehaus eine Konditorei hinzufügte und auch mit dem Verkauf von Liquoren und Weinen ergänzte. Im Kaffeehaus von Attilio Lardori kehrten auch später bekannte Persönlichkeiten ein.

Dazu zählten etwa die Filmschauspielerin Greta Garbo (1905 - 1990), der Jazzmusiker und Sänger Chet Backer (1929 - 1988) oder die bekannten Rennfahrer des Autorennens «Mille Miglia», Piero Taruffi (1906 - 1988), Clemente Biondetti (1898 - 1955), Eugenio Castellotti (1930 - 1957) und Giannino Marzotto (1928 - 2012). Mitte der 1950er-Jahren erblindete Attilio Lardori infolge eines Berufsunfalls, sein Sohn Torello, in der Zwischenzeit verheiratet mit Laudomia und Vater von Elisabetta und Elena, baute dann nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1964 das Kaffeehaus weiter aus. 1978 wurde das Kaffeehaus an einem neuen Standort wiedereröffnet, unter dem neuen Namen «Al Ticci e Torello». Noch heute wir die «Bar Pasticceria Ticci» von den beiden Töchtern von Torello, Elisabetta und Elena, geführt. Über die Geschichte der Bar Pasticceria Ticci ist am 27. November 2015 in der Onlinezeitschrift OK SIENA ein Beitrag erschienen.

Gedenktafeln für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges (1914 - 1918)

In der Provinz Siena existieren drei Gedenktafeln für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges (1914 - 1918), auf denen zwei Angehörige der Familie Lardori aufgeführt sind. Zwei der Gedenktafeln stehen in Torrita die Siena, auf ihr sind Francesco Lardori (1888 - 1917) aufgeführt. Die erste der beiden Gedenktafeln besteht aus Marmor und wurde 1928 eingeweiht. Sie ist mit einer allegorischen Darstellung versehen, welche die Siegesgöttin Viktoria als Adler darstellt. Die zweite Gedenktafel besteht aus Travertin und hat die Form einer Stele. Sie wurde 1993 eingeweiht. Eine weitere Gedenktafel steht in Castellina in Chianti. Sie ist aus Bronze gegossen und ist mit einer allegorischen Darstellung versehen, die den Tod des Soldaten symbolisiert. Sie wurde 1918 eingeweiht, auf ihr ist Alberto Lardori (1894 - 1915) aufgeführt.

Francesco Lardori war der Sohn von Sestilio Lardori. Er wurde am 23. März 1888 in Torrita di Siena geboren. Er wohnte in Torrita di Siena. Während dem Ersten Weltkrieg (1914 - 1918) diente er, als Feldweibel des Militärdistrikts von Arezzo, in der Mitrailleur-Kompanie 128. Seine Matrikelnummer lautete 25078. Er kämpfte in der Zehnten Isonzoschlacht, die vom 12. Mai bis 5. Juni 1917 zwischen den italienischen und österreichisch-ungarischen Truppen ausgefochten wurde. In diesem Frontabschnitt kämpfte er u. a. mit Wachtmeister Giuseppe Zadi, der aus der gleichen Ortschaft stammte und ihn in seinem Tagebuch erwähnte. Dieses wurde am 8. Dezember 2014 durch Monsignore Divo Zadi, dem emeritierten Bischof von Civita Castellana und Enkel von Giuseppe Zadi, veröffentlicht. Francesco Lardori fiel am 15. Mai 1917 im Gebiet Medio Isonzo, nachdem er aufgrund der Verletzung von zwei Munitionsträgern deren Munition übernommen und nach vorne getragen hatte. Er wurde postum mit der Militär-Verdienst-Medaille in Silber (Medaglia d’orgento al v.m) ausgezeichnet (und nicht in Gold wie auf den Monumenten fälschlicherweise aufgeführt). Verheiratet war Francesco Lardori mit Zelmira Mecallini, die nach seinem Tod eine Abfindung von 1120 Lire erhielt. In Gedenken an diesen Kriegshelden wurde sein Name auch auf einer Kirchenglocke aufgeführt, zusammen mit anderen drei gefallenen der Gemeinde. Die Kirchenglocke wurde 1961 gegossen, mit Unterstützung der Bevölkerung und Freunde von Montefollonico, in Zusammenhang mit dem 100-Jahre-Jubiläum zur Einheit Italiens.

Alberto Lardori hingegen war das dritte Kind von Adamo Lardori (1865 - 1897) und Olimpia Orlandini (1896 - 1905). Er wurde am 20. Mai 1894 in Castellina in Chianti geboren. Während dem 1. Weltkrieg (1914 - 1918) diente er, als Soldat des Militärdistrikts von Siena, im 8. Festungs-Artillerie-Regiment. Alberto Lardori starb am 23. Oktober 1918 infolge einer Krankheit im Feldspital 108 (Ospedaletto da campo n. 108).

La «350 Lardori-Train»

Das «350 Lardori-Train» war ein Motorrad, das von 1924 bis 1927 in der «Fabbrica Italiana Motocicli R. Lardori» mit Sitz in Castellina in Chianti, (Via IV Novembre 36, Castellina in Chianti) produziert wurde. Inhaber dieser Firma war Rinaldo Pietro Ottavio Lardori (1896 - 1957). Der Öffentlichkeit vorgestellt wurde das Motorrad erstmals in der Ausgabe Nummer 21 der Publikation «Rivista Motociclismo» aus dem Jahr 1925. Das «350 Lardori-Train» verfügte über einen Motor vom Typ «TRAIN» 350 ccm 2T, einen Zylinder von 76 x 76 mm, einen Vergaser vom Typ «AMAC», ein Dreiganggetriebe «IDEAL» (Lecco), eine Trapezgabel als Vorderradaufhängung (Druid-Gabel). Es verfügte über einen Kettenantrieb und zwei Bremsen an der Hinterradnabe. Es schaffte eine Geschwindigkeit von bis 80 km/h und hatte einen Verbrauch von rund 1 Liter pro 100 km.

Professor Mauro Barni

Mauro Barni war der Sohn von Clori Lardori (1905 - 2009) und Enkel des Arztes Diodato Lardori (1867 - 1935) aus Castellina in Chianti. Er wurde am 12. Februar 1927 in Siena geboren. Er starb am 21. Juli 2017 in Siena. Mauro Barni war Professor für Rechtsmedizin und Experte für Bioethik. Von 1970 bis 1979 war er Rektor der Universität von Siena und von 1979 bis 1983 Bürgermeister von Siena für die Sozialisten. Er war verantwortlich für die Gründung der Universität für Ausländer in Siena, deren erster Rektor er von 1992 bis 1996 war. Im Jahr 1974 erhielt er den Mangio d'oro, die höchste Auszeichnung der Stadt von Siena. am 2. Juni 1975 erhielt er die Auszeichnung des Grande Ufficiale Ordine al Merito della Reppublica Italiana und am 9. Juni 1976 die Medaglia d'oro ai benemeriti della scuola della cultura e dell'arte.

La Musichiera, La Donna Ideale 1958

Ende der 1950er-Jahren genoss Laura (Lauretta) Lardori (1936 - 1995) in der nationalen Medienlandschaft Italiens über grosse Popularität. Am 22. März 1958 war sie im staatlichen Fernsehen «Rai» in der 14. Sendung «Il Musichiere» aufgetreten bei der es darum ging, Musikstücke zu erkennen, die vom Orchester von Gorni Kramer gespielt wurden. Laura Lardori setzte sich gegen eine Konkurrentin durch und wurde die erste Siegerin dieser Quizshow. Der Hauptpreis betrug 2 Millionen Lire. Ihre bescheidene und sympathische Art sowie ihre natürliche Schönheit machten sie sofort zum Publikumsliebling. Sie trat anschliessend in weiteren Sendungen auf und verhalf dieser Quizshow zu grosser Popularität. Die «Maestrina di San Gemini» oder «La Musichiera», wie sie fortan genannt wurde, erhielt kurze Zeit später eine Einladung für das Casting zum Wettbewerb der «Donna ideale» für das Jahr 1958. Gewählt werden sollte die ideale Frau nicht nur aufgrund der Schönheit, sondern auch aufgrund von haushälterischen Tugenden (virtù di donne di casa) und einem umfassenden Allgemeinwissen. Der «7° Concorso per l’elezione della donna ideale» fand am 13. August 1958 in Senigallia statt. Laura Lardori setzte sich gegen die 24 anderen Kandidatinnen durch und wurde zur «Donna ideale 1958» gekürt, was ihre Popularität weiter steigerte. Im Anschluss an diese Wahl erhielt sie über 10 000 Fanbriefe, darunter rund 1000 Heiratsanträge. In der Sendung «Il Musichiere» trat sie 1960 das letzte Mal auf, danach zog sie sich schrittweise aus der Medienlandschaft zurück. 1993 lud sie Enzo Sampò in eine Sendung von «Rai 2» über die Geschichte der Rai ein. Ihr letzter Auftritt im Fernsehen.

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